Komposte, Gärreste und Humus
Die Basis aller agrarischen Prozesse in Böden und Biomassen
Mikroorganismen
Wie kann das Bodenleben durch Kompost unterstützt werden?
Der agrarische Wert von Restbiomassen und tierischer „Endprodukte“ wird üblicherweise nur im Hinblick auf ihren Nährstoffgehalt beurteilt (sog. „Wirtschaftsdünger“). Im Hinblick auf den Erhalt, bzw. Aufbau fruchtbarer Agrarböden ist aber auch die Zufuhr von Dauerhumus mindestens genauso wichtig. Er ist der große Nährstoffspeicher, biochemische Puffer und optimale Nährstoffvermittler für die bodenbiologischen Prozesse, ohne den im Boden nichts so richtig läuft.
Genau hier können Komposte einen wichtigen Beitrag leisten.
- Wie hängen Kompost und Bodenhumus zusammen?
- Wie bestimmt das C/N-Verhältnis die Qualität von Komposten?
- Warum entwickeln sich Komposte besser und schneller, wenn man alten Kompost (oder Torf oder Leonardit) zum frischen Kompostmaterial (Rohhumus) beimischt?
Der gesunde Boden
Die Umgebungsbedingungen im Boden (das sog. Milieu):
- Hoher Sauerstoffgehalt aerobe Mikroorganismen dominieren
- moderate Temperaturen
- pH-Wert: um 7
- Kohlenstoff/Stickstoff-Verhältnis in fruchtbaren Böden: C/N 12:1
- Der Stickstoff ist dabei zu 95% organisch gebunden!
Zusammensetzung des sog. Bodenlebens:
zu 90% Mikroorganismen: 60% Pilze, 30% Bakterien, Rest höhere Organismen (Regenwurm).
Gehalt an lebender mikrobieller Biomasse:
10-15 Tonnen/Hektar entspricht umgerechnet der Biomasse von ca. 150 Menschen/Hektar.
„Bevor diese „Bodenmannschaft“ nicht gut versorgt ist, bleibt für die Nährstoffversorgung von höheren Pflanzen wenig übrig!
Humuszehrung:
Ca. 2% der im Boden vorhandenen Humusmenge werden pro Jahr als Nahrung von den Mikroorganismen abgebaut.
Erst dadurch werden die im Humus vorhandenen organisch gebundenen Nährstoffe mineralisiert und sind dann in wasserlöslicher Form verfügbar für die Versorgung höherer Pflanzen!
Um die Gesamtmenge an Humus im gesunden Boden zu erhalten, muss also entsprechend kontinuierlich neue Biomasse zugeführt werden (sog. dynamisches Gleichgewicht).
„Beim Aufbau humusarmer Böden muss entsprechend mehr Biomasse zugeführt werden.“
Gesunder Kompost
Dieser stellt nicht nur eine ausgewogen zusammengesetzte Nahrung für die aerobe Mikrobiologie des Bodens bereit, sondern trägt in Form von Dauerhumus auch zu wichtigen Bodenfunktionen bei.
Ähnlich wie bei der menschlichen Nahrung sind u.a. wesentlich:
- Kohlenstoff C: für die Lebensenergie („Kohlenhydrate“)
- Stickstoff N: für Körpermasse und Vermehrung (Proteine /Eiweiß).
Der Stickstoffgehalt bestimmt damit den erreichbaren Gehalt an Mikroorganismen in Boden und Komposten.
Funktionen des Dauerhumus
- hochwirksamer Nährstoffspeicher und biochemischer Puffer
- hochwirksamer Nährstoffvermittler vom Speicher zum mikrobiellen Bodenleben (verbessert die Nährstoffnutzung)
Selbst wenn man in der Landwirtschaft nur mit Kunstdünger arbeiten würde, so bräuchte man wegen dieser beiden Funktionen trotzdem einen humusreichen Boden!
C/N Verhältnisse:
Biomassen mit Kohlenstoffüberschuss
Sägemehl > 100:1
Stroh ca.100:1
NaWaRo-Ausgangsmaterial (Mais, Getreide) > 50:1
Biomassen mit weitgehend ausgeglichener C/N Bilanz
Komposte rein pflanzlich ca. 30:1
Grünschnitt ca. 20:1
Festmist, reif ca. 20-10:1
Biomüllkomposte ca. 15-10:1
fruchtbarer Agrarboden ca. 12:1
Biomassen mit Stickstoffüberschuss (Dünger):
Güllen (Rind) ca. 10:1
NaWaRo Gärrest ca. 8:1
Speiserest-Gärreste ca. 3:1
(Ein Teil des Stickstoffs liegt dabei mineralisch als Ammonium vor.)
Kompostieren: Absenken hoher C/N-Werte auf 30:1 und weniger
C/N – Senkung durch mikrobiellen Abbau von Kohlenstoff
z.B. bei einfachen Komposthaufen. Je nach Sauerstoffbilanz entstehen CO2 und Methan.
Biogasanlagen sind für einen möglichst effektiven Kohlenstoffabbau zur Methanerzeugung ausgelegt (C/N < 10)
C/N-Senkung durch Zufuhr von Stickstoff
Das Kompostausgangsmaterial soll dadurch bereits von Anfang an ein ausgeglicheneres C/N-Verhältnis im Bereich 30:1 bis 12:1 aufweisen. Die Mikroorganismen entwickelt sich wesentlich stärker als im obigen Fall, die Humusbildung läuft intensiver ab unter Bildung von Dauerhumus und Huminsäuren. Es bleibt ein deutlich größerer Teil der Kompostmasse erhalten!
Kompostieranleitungen aus den früheren Zeiten sind alle gekennzeichnet durch den Kampf um Stickstoff (und andere Nährstoffe). Die zugegebenen Nährstoffe werden bei richtiger Dosierung weitgehend organisch in Form mikrobiellen Biomasse gebunden. (Diese Strategie funktioniert auch mit ammonium-basiertem Kunstvolldünger)
Beispiel: Festmist, Kompoststall:
Gemeinsame anaerobe Kompostierung von pflanzlicher Einstreu (Stroh, Sägemehl, Torf) und stickstoffreichen tierischen Exkrementen.
Ergebnis: Hohes Dauerhumuspotential für einen effizienten Bodenaufbau (neben hohem Nährstoffgehalt).
Das getrennte Ausbringen von Gülle und Stroh auf Böden liefert interessanterweise keinen besonderen Beitrag zum Dauerhumus und direkten Bodenaufbau (reiner Nährhumus).
Beispiel: Biogasgärreste
Vielfach werden Biogasgärreste mit ihrem Stickstoffüberschuss direkt in den Boden eingebracht.
In der heutigen Zeit wäre eine gemeinsame Kompostierung von Biogasgärresten mit pflanzlichem Rohhumus eine sinnvolle Kombination. Durch die gemeinsame Kompostierung wird auch der
Ligninüberschuss pflanzlicher Gärreste effektiver in Dauerhumus umgesetzt.
Humusbildung im Komposthaufen
Was läuft bei der Humusbildung (Humifizierung der Biomasse) im Komposthaufen ab?
Mikroorganismengesellschaften (sog. Mikrobiome) sind sehr artenreich. Welche Mikroorganismen in Boden und Kompost dominieren und welche Eigenschaften damit die Komposte haben, hängt eben nicht nur vom Ausgangsmaterial ab, sondern vor allem auch vom Milieu in der „Reaktionszone“ des Komposthaufens ab (u.a. Luftzufuhr, Temperaturverteilung
etc. je nach Mietenaufbau)
Das pflanzliche Startmaterial/Rohhumus dient als erste Nahrung für die Mikroorganismen, die sich dabei vermehren. Im Laufe der Zeit verschiebt sich allerdings zunehmend die Zusammensetzung des Kompostmaterials, weil:
Mikroorganismen werden nicht nur geboren, sondern sie sterben auch.
Ihre Überreste und Stoffwechselprodukte dienen nun ihrerseits wiederum als Humusnahrung für die lebenden Mikroorganismen. Dieser Prozess von Vermehren und Absterben läuft über viele mikrobielle Stufen. Im fortgeschrittenen Stadium der Kompostierung hat man es also nicht
mehr mit einem Pflanzenhumus, sondern vor allem mit einem Mikrobenhumus zu tun.
Landläufig wird dieser Prozess als Zersetzung, Vererdung oder Humifizierung des Kompostmaterials bezeichnet. Im Lauf der Zeit bilden sich dabei auch die besonders bioaktiven Huminsäuren. Alter Dauerhumus (mehrere Jahre) ist deshalb besonders wertvoll.
Eine besonders intensive Humusbildung erfolgt in Komposten durch erzwungene Milieuwechsel:
Dies geschieht z.B. beim Umsetzen klassischer Komposthaufen:
Dadurch wird das (meist anaerob) in Rotte befindliche Material homogen gemischt, die Komposttemperatur sinkt, das Material wird intensiv belüftet. Dieser Umwandlungsprozess ist besonders stoffwechselaktiv und beschleunigt die Humifizierung.
Bisher dominierende Mikroorganismen sterben in kurzer Zeit ab und liefern einen Nahrungsschub zum Aufbau neuer, besser angepasster Mikrobiome.
Es baut sich im Kompost ein aerobes Mikrobiom auf, das unmittelbar mit aeroben Bodenverhältnissen harmoniert.
Unterschied der Humusbildung in Böden und Komposten
Bei normalen Mineralböden beträgt der Humusanteil (oTS) einige Prozent.
Im natürlichen Vegetationsrhythmus erfolgt eine kontinuierliche Zufuhr von frischer Biomasse.
In Zusammenspiel mit der Humuszehrung durch die Mikroorganismen führt dies zu einer zeitlich stabilen Zusammensetzung des Humus aus unterschiedlich alten Humusanteilen (frischer Rohhumus bis einige Jahrzehnte alter Dauerhumus).
Damit sind wiederum beste Voraussetzungen für stabile mikrobielle Abläufe im Boden gegeben.
Beim Kompostieren sind Verhältnisse (meist) anders:
Oft erfolgt ein einmaliger Ansatz der Kompostmiete und alle Bestandteile altern einheitlich.
Die Zusammensetzung des Komposthumus ändert sich also kontinuierlich.
Zeit ist dabei ein wichtiger Einflussfaktor für die Humusqualität. Verschiedene Erfahrungswerte aus der professionellen Gärtnerei und der Sanierung degenerierter Böden signalisieren, dass vor allem alte (reife) Komposte mit ihren Huminsäuren zu gesteigerter Bodenfruchtbarkeit führen
(sog. Bodenaktivatoren).
Eine typische Zeitspanne für die Entwicklung von besonders bioaktivem Dauerhumus scheint ca. 4-5 Jahre zu sein.
Sind beschleunigter Bodenaufbau und Kompostierung möglich?
Ein früher oft praktiziertes Verfahren ist die Zugabe einer kleinen Menge von altem Kompost (Reifezeit mehrere Jahre).
Weitere potente Dauerhumusquellen sind:
– Torf (siehe Torfkompostanleitung aus dem Jahre 1944)
– Leonardit
Insbesondere Leonardit und seine Abkömmlinge werden seit langer Zeit weltweit für agrarische Zwecke eingesetzt (außer in Mitteleuropa). Selbst bei der Kultivierung von Wüsten und Steppen gelingt damit in überschaubaren Zeiten ein agrarisch nutzbarer Bodenaufbau. Die einschlägigen Huminprodukte kann man schiffsladungsweise in China einkaufen.
Gesteigerte Biogaserzeugung durch Humus:
Erfahrungsgemäß führt die Zugabe von geringen Mengen an Huminsäuren (gewonnen aus Leonardit) in vielen Fällen zu einer effizienteren Biogaserzeugung und einem stabilen Prozessverlauf. Es sollte daher nicht überraschen, wenn man durch Zugabe einer vergleichsweise geringen Menge von altem Humus zum Futter einer Biogasanlage ebenfalls eine Leistungssteigerung erreicht (ca. 1m³ reifer Kompost auf 100m³ Futter).
Autor: Dr.Lutz Pickelmann
Webseiten:
https://www.chiemseemoor.de
https://www.agro-kolloide.de/